Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS)
Nach mehr als 3000 Forschungsarbeiten gibt es ausreichende wissenschaftliche Belege dafür, dass CFS eine reale, physiologische Erkrankung ist. Es ist keine Form von Depression oder Hypochondrie. Bei CFS-Patienten wurden eine Reihe biologischer Abweichungen gefunden.
Zu den wichtigsten CFS-Klassifikationskriterien gehören laut Center of Disease Control, USA, 1991:
Hauptkriterien wie erstmaliges Auftreten dauernder oder rezidivierender paralysierender Müdigkeit und Erschöpfbarkeit:
- ohne ähnliche Symptome in der Vorgeschichte
- ohne Verschwinden durch Bettruhe
- mit Verringerung der Tagesaktivität unter 50 % des gewohnten Aktivitätsniveaus für mindestens 6 Monate
und Nebenkriterien:
- Symptomkriterien: zeitweilig Temperaturen nicht über 38,6° C; Halsschmerzen, schmerzhafte zervikale oder axilläre Lymphknotenschwellungen; unerklärte generalisierte Muskelschwäche, langanhaltende Erschöpfung nach sonst ohne weiteres möglicher Belastung, Kopfschmerzen, psychische Störungen (Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, aber auch Photophobie und flüchtige Skotome); Schlafstörungen, anamnestische Angabe der Entwicklung der Symptomatik innerhalb weniger Stunden bis Tage.
- Befundkriterien: zeitweilig Temperaturen bis 38,6°C oral, nicht exsudative Pharyngitis, schmerzhafte zervikale oder axilläre Lymphknotenschwellungen bis zu 2 cm Durchmesser.
Zu den bekanntesten Provokationsfaktoren des CFS zählen:
- Herpesviren wie EBV, HHV6 und CMV werden als wichtige Ursache des CFS angesehen.
- Enteroviren wie Coxsackie B2 und B4, Retroviren wie HTLV2 und Spumaviridae sowie endogene Retroviren
- Chronische Infektionen mit intrazellulären Bakterien, Pilzen und Protozoen: Mykoplasmen, Mykobakterien, Chlamydien, Brucella sp., Listeria, Borrelien, Salmonellen, toxinbildende Staphylokokken; Pilze wie Aspergillus, Cryptococcus, Histoplasma und Candida sp.; Protozoen wie Leishmania, Toxoplasma und Trypanosoma. Die Identifizierung der o. g. Spezien ist für die CFS-Diagnose relevant (Staines DR, 2004).
- Funktionelle Störungen des Immunsystems verbunden mit
- erhöhter Infektanfälligkeit und reduzierten NK-Zellen (Ogawa M et al, 1998)
- allergeninduzierter T-Zell-Aktivierung (Positiver LTT gegen Nahrungsmittel, Hefen, Schwermetalle wie Ni, Pd, Hg) und erhöhter TH2-Zytokinsekretion (Il4>y-IFN)
- erhöhte Entzündungsparameter wie IL6 und sIL2-Rezeptor
- häufige Hypoglykämie-Zustände infolge kohlenhydratreicher Nahrung mit hohem glykämischen Index, Heißhunger auf Süßes.
- Hypothyreose bzw. Hypocortisolismus infolge erniedrigtem ACTH
- Hochregulation des antiviralen 2-5A Synthetase L-Rnase als Reaktion auf virale Infekte
- Erhöhte Peroxynitritwerte infolge chronischer Infekte verbunden mit Superoxidradikal-Produktion und Komplexbildung mit Nitritoxid (NO*) (Pall ML, Satterlee JD, 2001; Pall ML, 2001)
- Erhöhter oxidativer Stress durch mangelhaften Antioxidantienstatus (PUFA’s, Cystein, Glutamin erniedrigt)
- Überhöhte thrombozytäre Gerinnung, verbunden mit niedriger zellulärer Sauerstoffzufuhr, was zu Azidosezuständen führt (Ali M, 1999)
- Muskelproteolyse mit erhöhter Aminosäureausscheidung im Urin
- Erhöhtes Serum-Laktat nach muskulärer (ergometrischer) Belastung (Arnold DL et al, 1984)
- Chronisch erniedrigte ATP Synthese durch mitochondrielle Dysfunktion
Die Diagnosemarker des CFS orientieren sich an den o. g. pathogenetischen Faktoren.
Individuelle Therapiemaßnahmen
Erst nach Auswertung dieser Befunde kann man die notwendigen integrativen Behandlungsschritte mit individuellem Charakter einleiten.
In der Regel gehören zur Strategie der Klinik 5 Therapierichtlinien:
1. Die Verordnung entsprechender Ausleitungs- und Detoxverfahren (Entfernung von Dentallegierungen bei nachgewiesener Belastung, Chelatstoffe, biologische Mittel zur Steigerung der I. und II. Detoxphase in der Leber, den Nieren und dem Nervensystem, Hyperthermieanwendungen, Hydrocolontherapie, Toxin-Absorbers, Enzympräparate u. a.) (Ali M et al, 1999, Ionescu G. 2001, Ionescu JG, 2004)
2. Ein individueller hypoallergener und zusatzstofffreier Diätplan, der die festgestellten Intoleranzen berücksichtigt und mit Hilfe von Probiotika zum Aufbau einer physiologischen Darmflora beiträgt.
3. Die Kompensation der festgestellten Defizite an Antioxidantien, Fettsäuren, Aminosäuren, Spurenelementen und Vitamine mit Co-Enzym-Funktion (in Infusions- oder Kapselform)
4. Ein komplexes psychologisches Betreuungsprogramm mit Einzel- und Gruppengesprächen sowie Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Yoga, Bio-Feedback u. a.
5. Empfehlungen für ein vom Untersuchungsergebnis abhängiges Sanierungsprogramm am Arbeitsplatz und zu Hause, das die Entfernung verschiedener Emissionsquellen berücksichtigt: Holzschutzmittel, Spanplatten, imprägnierte Teppichböden und Tapeten, Ledermöbel bzw. -kleidung, Wasch- und Desinfektionsmittel, Berufsallergene, Metallgeschirr/-besteck u. a.
Die positiven langfristigen Ergebnisse der Spezialklinik Neukirchen bei Umwelterkrankungen wie MCS, CFS und Fibromyalgie (Kauppi M, 1996, Ionescu JG, 2005) haben die Krankenkassen veranlasst, seit Jahren die Therapiekosten für diese Patienten zu übernehmen.